Wohnungsbauprojekt Otto-Bauder-Anlage im Bezirksbeirat abgelehnt
- Mannheimer Morgen
Stadtplanung: Der Bezirksbeirat Seckenheim lehnt Planung für 200 Wohneinheiten auf der Otto-Bauder-Anlage fast einstimmig ab.
Der Knall kommt um 20.58 Uhr. Fast zwei Stunden heftiger Diskussion liegen hinter den Beteiligten, da bittet Sitzungsleiter Ralf Eisenhauer um das Votum des Bezirksbeirates. Was dabei herauskommt, das macht den Baudezernenten sichtlich betroffen: Mit elf von zwölf Stimmen lehnt die Stadtteilvertretung den Rahmenplan für die Bebauung der früheren Otto-Bauder-Sportanlage ab. Vor diesem Hintergrund müssen nun die Gemeinderäte Ende März entscheiden.
Das Siedlerheim im Seckenheimer Ortsteil Suebenheim ist gut gefüllt. Vor allem Anwohner der alten Otto-Bauder-Anlage sind da, um zu erfahren, was in ihrer Nachbarschaft passieren soll. Dazu ein gutes Dutzend Vertreter der Verwaltung, der GBG und der Gemeinderatsfraktionen. Das zeigt: Hier geht`s um was.
Worum, das machen die Vertreter von Stadtplanung und GBG deutlich. Aus der früheren Sportanlage am westlichen Rande Seckenheims, 4,4 Hektar groß, soll ein Wohngebiet entstehen. Doch der bisherige Prozess ist von Friktionen gekennzeichnet. Das Planungsbüro etwa, das den Ideenwettbewerb begleitet hat, ist nicht mehr dabei.
Auch der Ausgang der Kommunalwahl hat in der Konzeption Spuren hinterlassen. „Vieles, was in der Planung damals war, war in unseren Augen - und das hat sich jetzt eben auch ein bissel gewandelt im Gemeinderat - eine Katastrophe“, meint ML-Stadtrat Holger Schmid unter Hinweis auf die damals geplanten Gebäudehöhen: „Die Katastrophe ist in Teilen korrigiert.“
„Die wesentlichen Grundlagen der Planung sind erhalten geblieben“, hält Julia Cyrus vom Fachbereich Stadtplanung dagegen. Denn 50 Prozent der Fläche sind für Mehrfamilienhäuser vorgesehen, mit je nach Detailplanung 160 bis 170 Wohneinheiten. Die restliche Hälfte der Fläche teilen sich 23 Reihenhäuser und 18 Doppelhaushälften. Insgesamt entstehen hier also 201 bis 211 Wohneinheiten, wie in der Mannheimer Wohnungsbaupolitik lange gewünscht zu 80 Prozent in Mehrfamilienhäusern. Diese umfassen zumeist vier Vollgeschosse, nur zwei auch fünf.
Der Platz im Zentrum ist für eine siebengruppige Kita vorgesehen. Doch vor allem soll es ein grünes Gebiet werden. Nur 60 Prozent der Fläche sind Bauland - im Gegensatz zu 70 oder gar 75 Prozent wie in anderen Neubaugebieten. Die historischen Linden- und Eichenreihen, eine Seltenheit im Mannheimer Stadtgebiet, sollen erhalten bleiben.
Auf die ursprünglich geplante Quartiergarage wird dagegen verzichtet. In einem solch locker bebauten Gebiet sei ihr Unterhalt nicht finanzierbar, heißt es zur Begründung. Zudem benötige ein solches Bauwerk erhebliche Flächen, die dem Wohnungsbau fehlen würden.
Knackpunkt: die Verkehrsanbindung
Die Verkehrserschließung soll über die Wildbader Straße erfolgen. Was aber vor allem bedeutet: ohne eine direkte Anbindung an die Neuostheimer Straße. Die baulichen Eingriffe wären zu groß, die Lärmschutzwand müsste geöffnet, der Radweg verlegt, zu viel Fläche versiegelt werden. Und nicht zuletzt: Das alles würde 1,2 Millionen Euro kosten. Vor allem dieser Punkt der Planung wird dem Projekt an jenem Abend zum Verhängnis werden.
Die Kritik eröffnet Evi Korta-Petri. „Ich vermisse einige Punkte“, sagt die SPD-Fraktionssprecherin beim Blick auf die veränderte Planung: die Car-Ports, das Blockheizkraftwerk, das Bürgerhaus, die Quartiersgarage, die direkte Anbindung, überhaupt die unzureichende Ausrichtung auf günstigen Wohnraum: „Ich fürchte, das wird ein Luxusbaugebiet.“
Vertreter von CDU und ML kritisieren vor allem den Verzicht auf eine direkte Anbindung und den dadurch entstehenden gefährlichen „Flaschenhals“. Die beiden AfD-Vertreter sagen auch bei diesem Punkt zwei Stunden lang nichts.
Dafür greifen die anwesenden Stadträte in die Diskussion ein. Marianne Seitz (CDU) nimmt das Kosten-Argument gegen die direkte Anbindung auseinander. Der Kreisel koste 600.000 Euro, die direkte Anbindung 1,2 Millionen. Der Unterschied betrage also ganze 600.000. „Wir begrüßen es, dass das Gebiet jetzt nicht an die Umgehungsstraße angeschlossen wird“, betont dagegen Gabriele Baier von den Grünen.
Holger Schmid verweist auf die aus seiner Sicht positiven Veränderungen gegenüber der früheren Planung. Die Quartiersgarage wäre eine „Katastrophe“ gewesen. Sein SPD-Kollege Bernahrd Boll beklagt den Verzicht auf eine direkte Anbindung.
Mahnungen der Verantwortlichen verhallen
Es ist GBG-Chef Karl-Heinz Frings, der diese Diskussion ins größere Ganze einordnet. Die Rahmenbedingungen für Einfamilien- und Reihenhäuser seien extrem schwierig: diese hier dennoch vorzusehen, sei „ein mutiger Schritt“, weil „ein erhöhtes Vermarktungsrisiko“. Auf Grund der Grundstückspreise, Baukosten und Zinshöhen bedeute ein solches Objekt bei einer üblichen Finanzierung eine monatliche Belastung von 2.000 Euro: „Das muss man sich erst mal leisten können. Und ob das die ‚normale‘ Familie noch kann, ist sehr die Frage.“
Ralf Eisenhauer warnt abschließend, das Projekt mit zusätzlichen Forderungen zu belasten, betont mit Hinweis auf Oberbürgermeister Christian Specht, es sei „die klare Vorgabe seitens der Stadtspitze gewesen zu sagen, das muss noch wirtschaftlich darstellbar sein, was wir hier machen“. Und er mahnt geradezu flehentlich: „Ein Aufwand, und der ist ja beziffert bei der Erschließung, der bringt das Projekt aus der Wirtschaftlichkeit. Und es wird dann nicht umgesetzt werden.“
Doch es hilft nichts: Elf Bezirksbeiräte votieren dagegen, niemand dafür, der Grüne Cornelius Zapf enthält sich. Da macht Holger Schmid einen Vorschlag: „Können Sie mal ganz kurz fragen, wer zustimmen würde, wenn die direkte Querung käme.“ Und siehe da: Bei dieser hypothetischen Möglichkeit ist das Gremium einmütig dafür. Entscheiden müssen nun die Stadträte.